Humboldt-Universität zu Berlin - Vergleichende Demokratieforschung und die Politischen Systeme Osteuropas

CONSTRESS 2.0

HU-Angehörige zu Gast an der Princeton University (USA)

Im September und Oktober 2022 verbrachte eine Gruppe Studierender und Promovierender vom Institut für Sozialwissenschaften (ISW) und der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) rund vier Wochen an der Princeton University (PU) in New Jersey, USA. Unter der Leitung von Prof. Dr. Silvia von Steinsdorff (HU Berlin, ISW), Prof. Dr. Anna-Bettina Kaiser (HU Berlin, Juristische Fakultät) und Prof. Dr. Jan-Werner Müller (PU, Department of Politics) nahmen sie an einem Seminar für Promovierende zum Thema "Digital Democracy" und an einem internationalen Workshop zum Thema "Political Parties and Other Associations" teil. Die Veranstaltungen wurden im Rahmen der langjährigen strategischen Partnerschaft zwischen HU und Princeton als Teil des Flaggschiffprojekts "Constitutionalism under Stress" („CONSTRESS“) organisiert, das seit 2016 existiert und sich bereits im zweiten Projektzyklus befindet.

Das Seminar brachte die unterschiedlichen Perspektiven der deutschen und US-amerikanischen Studierenden und Promovierenden zusammen und schlug eine Brücke zwischen politischer Theorie, empirischen Ansätzen der Sozialwissenschaften, und der stärker normativ geprägten Herangehensweise der Rechtswissenschaften. Für die Teilnehmer:innen war der interdisziplinäre und transatlantische Austausch eine besondere Chance, um sich kritisch mit bekannten und neuen Aspekten der Debatte um Meinungsfreiheit und die Regulierung des digitalen Raumes auseinanderzusetzen. So wurde beispielsweise viel und kontrovers über den unterschiedlichen Umgang mit Hassrede in der EU und den USA diskutiert. Die lebhafte, stets sehr konstruktive Auseinandersetzung mit diesen komplexen Themenfeldern forderte alle heraus, kritisch die eigene und die vermeintlich vorherrschende Haltung gegenüber staatlicher Regulierung in den verschiedenen Ländern zu hinterfragen. So wurde auch hitzig über die unterschiedlichen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Vorstellungen von Privatsphäre und Freiheit sowie über teils konträre Annahmen und Behauptungen zu gesellschaftlicher Polarisierung infolge der Nutzung sozialer Medien diskutiert. Immerhin in einem Punkt bildete sich sehr schnell ein breiter Konsens heraus: die gesellschaftspolitische Realität ist auf beiden Seiten des Atlantiks weitaus komplexer, als es populäre Begriffe wie "Echokammer" und "Filterblasen" vermuten lassen. Sowohl im Rahmen des Seminars als auch während des Workshops hatten die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, eigenen Forschungsarbeiten zu den Themen digitale Demokratie und politische Parteien vorzustellen und mit führenden Wissenschaftler:innen aus den USA und Europa zu diskutieren.

Neben vielen neuen Erkenntnissen über Digitalisierung, Demokratie, Parteien, politische Verbände und die Rolle sozialer Medien in freiheitlichen Demokratien hatte die Gruppe auch die Gelegenheit, in das Leben an einer US-amerikanischen „Ivy League“-Universität einzutauchen. Erstaunt waren die HU’ler:innen über die reiche Infrastruktur von Läden, Cafés, Kantinen, Shuttlebussen, Fitnessstudios, inklusive eines Campus-eigenen Bezahlsystems, die ganz speziell auf die alltäglichen Bedürfnisse der undergraduates (Studierende auf Bachelor-Level) an einer großen Privatuniversität ausgerichtet ist.

Auch die deutschen Gäste profitierten von diesem Rundum-Service. Sie wohnten in der Nähe des Campus im Theologischen Seminar Princeton und entwickelten schnell ihre eigenen Routinen, besuchten zusätzliche Vorlesungen und Seminare auf dem Campus, lasen die Campuszeitung "Daily Princetonian" und trafen sich in den luxuriösen Uni-Kantinen zum gemeinsamen Essen. Ein besonderes Highlight waren auch die hervorragend ausgestatteten Bibliotheken, die so geräumig sind, dass sich kein Studierender jemals Sorgen um einen Arbeitsplatz machen muss. Auch die allgegenwärtige Harry-Potter-Atmosphäre der neugotischen Gebäude auf dem gesamten Campus trug zum Erlebnis bei.

Im Rückblick waren sich die HU’ler:innen einig: der Aufenthalt in Princeton hat bei allen großen Eindruck hinterlassen. Nach der langen Zeit der Kontakt- und Reisebeschränkungen war das persönliche Zusammenkommen mit den PhD-Studierenden, Lehrenden und Wissenschaftler:innen aus Princeton eine große Bereicherung. Die aktuellen Debatten in der US-amerikanischen Gesellschaft und die Besonderheiten der akademische Kultur wurden für die deutschen Teilnehmer:innen wesentlich greifbarer und eindrücklicher, als dies durch ein digitales Format möglich gewesen wäre. Das Seminar und der Workshop waren eine weitere erfolgreiche Ausgabe des CONSTRESS-Austauschs!

Wir freuen uns auf die Fortsetzung des Projekts im nächsten Jahr, wenn sich die Teilnehmenden von beiden Seiten des Atlantiks bei einem Seminar in Berlin im Sommer und einem Workshop in Princeton im Herbst mit den Themen Rechtsstaatlichkeit und Transitional Justice (auf deutsch auch als „Vergangenheitsarbeit“ bezeichnet) befassen wollen.


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