Humboldt-Universität zu Berlin - TEST

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Die sozialen und wirtschaftlichen Transformationen der letzten drei Jahrzehnte stellen Nationalstaaten vor große Herausforderungen. Neben der häufig diskutierten Neuausrichtung von Sozialstaaten, gilt dies in gleichem Maße für andere Politikbereiche, wie z.B. Bemühungen um eine nachhaltige Landwirtschafts- oder Migrationspolitik. Während diese Entwicklungen einer Vielzahl von OECD Staaten gemein sind, lassen sich empirisch erhebliche Unterschiede in Grad und Natur der Reformbemühungen zwischen unterschiedlichen Ländern und Regierungen beobachten.

Mit den angesprochenen Reformen sind wesentliche Entscheidungen über die Umverteilung von Ressourcen innerhalb der betroffenen Gesellschaften verbunden. Die Umverteilung betrifft sowohl etablierte Interessen- und Wählergruppen, als auch neu-entstandene soziale und politische Gruppierungen. Eine wesentliche Frage für die Analyse der zugrundeliegenden Entscheidungsprozesse ist, inwieweit politischer Wettbewerb und Wählerdruck die Entwicklungen und Ergebnisse in den genannten Politikfeldern prägen. Wählerdruck lässt sich dabei als das Risiko von Abgeordneten, Parteien und Regierungen konzeptualisieren, Parlamentssitze und Regierungsbeteiligungen zu gewinnen oder zu verlieren. Im Zentrum dieses Projektes steht die Frage, wie sich aus dieser „Abstrafbarkeit“ Unterschiede in der Responsivität von Amtsinhabern gegenüber verschiedenen Wähler- und Interessengruppen ableiten lassen. Es soll gezeigt werden, wie die Interaktion der so begriffenen Abstrafbarkeit von Politikern mit anderen politisch-institutionellen Faktoren wesentlich zur Erklärung von Stabilität und Wandel in den untersuchten Politikfeldern beiträgt.

Um dies auch empirisch zu überprüfen, haben wir, aufbauend auf den Ergebnissen eines früheren DFG-Projektes der Antragstellerin (Br 740/14-1, 14-3, Teilprojekt IIa) einen neuen Ansatz entwickelt, der den analytischen Fokus auf die „Abstrafbarkeit“ von Politikern legt. Der bestehende Datensatz enthält Informationen über politisch-institutionelle Strukturen, politische Mehrheiten und eine Messung der Abstrafbarkeit für 186 Regierungen in West Europa von 1980 bis 2005, sowie einen Index zu Rentenreformergebnissen pro Regierung. Wir schlagen nun vor, diesen Datensatz zu aktualisieren, zu vertiefen und um die Politikfelder Landwirtschaft und Staatsbürgerschaft zu erweitern. Diese sind so ausgewählt, dass ihnen einerseits der zuvor beschrieben Reformdruck gemein ist, dass sie sich aber andererseits wesentlich in Grad und Art des Interessengruppeneinflusses und deren Organisation unterscheiden. Ziel dieses Projektes ist es dabei (1) einen neuen Indikator für politischen Wettbewerb zu entwickeln, der für breit angelegte empirische Vergleiche zwischen Ländern und über Zeit geeignet ist, sowie (2) unter Einbezug dieses Konzeptes die Varianz der beobachteten Reformen und deren Ausbleiben bestmöglich zu erklären.

Wissenschaftliche Projektleitung: Prof. Ellen M. Immergut

Weitere beteiligte Wissenschaftler: Matthias Orlowski, Tarik Abou-Chadi

Studentische Hilfskräfte: Lalit Chennamaneni, Denis Cohen, Pauline Defant, Dorina Kalkum, Hauke Licht, Thomas Maruhn, Viktoria Palm, Jochen Rehmert

Zeitraum: 1.1.2013-31.03.2017