Humboldt-Universität zu Berlin - Politische Soziologie und Sozialpolitik

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Sozialwissenschaften | Politische Soziologie und Sozialpolitik | Hanna Schwander und Luke Shuttleworth: Gesellschaftliche Konfliktlinien und Polarisierungsprozesse in Deutschland - Eine Gefahr für die liberale Demokratie?

Hanna Schwander und Luke Shuttleworth: Gesellschaftliche Konfliktlinien und Polarisierungsprozesse in Deutschland - Eine Gefahr für die liberale Demokratie?



Erschienen in: BAG RelEx (2022): Ligante#5 - Radikalisierungsprävention und Polarisierung

 

Der Aufstieg radikaler Parteien, insbesondere radikaler rechtspopulistischer Parteien, ein wachsendes Misstrauen gegenüber Politiker*innen, abnehmende Unterstützung für etablierte Parteien, eine erodierende politische Kultur – die gegenwärtige Politik in Europa ist weniger berechenbar geworden und wird von vielen Bürger*innen und Beobachter*innen als polarisierter und konfliktiver wahrgenommen.
In diesem Beitrag ordnen wir diese politischen Verschiebungen und Polarisierungstendenzen ein und greifen dabei auf das Konzept der politischen Konfliktlinie nach Seymour M. Lipset und Stein Rokkan (1967) zurück. Dabei konzentrieren wir uns insbesondere auf die Verschiebung der politischen Konfliktlinien in Deutschland. Unser Argument lautet, dass Polarisierung, das heißt die Einteilung der Bevölkerung in zwei Lager mit „widerstreitenden Interessen und Orientierungen als Gegensatzpaar“ (Mau, 2022, S. 5), weder eine neue noch eine fundamental bedrohliche Situation für eine liberale Demokratie wie Deutschland darstellt. Gefährlich für die Demokratie wird es dann, wenn die Polarisierung affektiv wird und der Raum für Kompromissfindung zwischen widerstreitenden Gruppen sich stark reduziert. Wir erläutern zudem, wie verschiedene politische Akteure zur affektiven Polarisierung beitragen oder ihr entgegenwirken können.