Humboldt-Universität zu Berlin - Politische Soziologie und Sozialpolitik

Sommersemester 2015

53084 - PS Aufsteiger, Absteiger und Aussteiger aus der Politik Teil II

Dozent: Prof. Dr. Friedbert W. Rüb

Seit der Diskussion um die Sinnhaftigkeit des Begriffs der "politischen Klasse" sind die sozio-biographischen Aspekte der Politik als Beruf vielfältig diskutiert worden. Das Projektseminar will an diese Diskussionen anknüpfen. Es will in einem ersten Schritt  diese Diskussion systematisch aufarbeiten und den Begriff "Politische Klasse" hinsichtlich seiner analytischen Kapazität ausführlich befragen. In einem zweiten Schritt wird an Hand der drei Kategorien Aufsteiger, Absteiger und Aussteiger versucht, deren Voraussetzungen und Rahmenbedingungen an Hand von Fallbeispielen zu analysieren. Zudem werden Personen identifiziert, die in diese Kategorien passen könnten und durch teilstandardisierte Interviews befragt werden. Die Forschungs­orientierung dieser Veranstaltungsart kommt v.a. darin zum Ausdruck, wie ausgehend von einer Theorie eine konkrete Forschungsfrage entwickelt und diese dann in eine empirische Forschungsstrategie umsetzt, in der v.a. sozio-biographische Forschungen und Interviewtechniken, also qualitative Methoden, im Mittelpunkt stehen werden.

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53073 - BA-, MA- und Doktorandenkolloquium Politische Soziologie und Sozialpolitik

Dozent: Prof. Dr. Friedbert W. Rüb

In dem Kolloquium werden v.a. laufende BA- und MA-Arbeiten als auch Dissertationen besprochen und wichtige Erscheinungen aus dem Gebiet der Politischen Soziologie und der Sozialpolitik.

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53039 - SE Policy-Analyse: Theorien und Konzepte zur Analyse von politischem Wandel

Dozent: Prof. Dr. Friedbert W. Rüb

In der Bundesrepublik – aber nicht nur hier – sind in den letzten Jahren entgegen der Behauptungen von Reformstau und Reformblockaden weitrechende Änderungen eingeführt worden: Mindestlohn, Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht, die sog. Hartz-Reformen, der Ausstieg aus der Kernenergie etc. Dies sind und waren weitreichende Änderungen. Was sind die Auslösebedingungen für solche Reformen? Wer kann sie unter welchen Bedingungen realisieren und welche Dynamiken kann man vom Agenda-Setting bis zur Entscheidung beobachten? Das alles sind Fragen, auf die unterschiedliche Theorien und Konzepte der Policy-Analyse unterschiedliche Antworten geben. Diese sollen – vergleichend – in dem Seminar diskutiert werden. Zudem wird von den TeilnehmerInnen erwartet, diese Theorien bzw. Konzepte auch an empirischen Beispielen anzuwenden.

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53091 - SE Politikbegriffe im 20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert war das „Jahrhundert der Extreme“ (Hobsbawn) und dies müsste sich auch den Politikverständnissen dieser Epoche niederschlagen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts standen die großen Demokratisierungen und damit auch eine Neufassung des Politikbegriffs. Es entstanden Politikbegriffe, die den demokratischen Modus der Politikproduktion reflektieren und die weit bis in das späte 20. Jahrhundert hinein reichen. Diese wurden zunächst durch einen der beiden großen ideologischen Extreme, den Kommunismus, und später dem Nationalsozialismus, herausgefordert. Politik als permanente Revolution, als ständige Mobilisierung, als Freund-Feind-Konstruktionen u.ä., all dies waren neue Politikbegriffe, die im 20. Jahrhundert auftauchten und fatale und ungeheuer destruktive Folgen hatten. Daneben existieren Politikbegriffe weiter, die von historischem Optimismus und Fortschrittglauben getragen wurden; seinen Höhepunkt erreichte dies in stark rationalistischen Politikbegriffen: Demokratische Politik als (rationaler) Problemlöser gesellschaftlicher Probleme und als zentrale Steuerungsinstanz moderner Gesellschaften. In der Veranstaltung sollen diese Politikbegriffe an typischen Konzepten rekonstruiert und kritisch diskutiert werden.

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53021 - SE Einführung in die Politikfeldanalyse

Dozent: Dr. Holger Straßheim

Nach einer einflussreichen Definition von Thomas S. Dye untersucht die Politikfeldanalyse „what governments do, why they do it, and what difference it makes“. Die Politikfeldanalyse fragt also nach den Inhalten, Bedingungen und Folgen öffentlicher Politiken. Sie geht dabei mittlerweile weit über Dyes Fokus auf Regierungen hinaus. Im Zentrum der Analysen, die von der Sozialpolitik über den Verbraucherschutz und die Umweltpolitik bis hin zu Regulierungsprozessen in der Biotechnologie oder dem Energiesektor reichen, stehen kollektiv bindende Entscheidungen sowie die Handlungs- und Koordinationsprozesse politischer Akteure und deren inhaltlich-materielle Resultate.

Das Seminar dient der Einführung in die zentralen Grundbegriffe, Konzepte und Theorien der Politikfeldanalyse anhand unterschiedlicher Politikfelder. Zudem sollen auch die mit den verschiedenen Ansätzen verbundenen methodischen Fragen diskutiert werden. Gegenstand des Seminars werden unter anderem folgende Themen sein: Grundlagen und Grundbegriffe (Policy/Polity/Polics, Policy-Cycle), Ansätze der Staatstätigkeitsforschung, akteurzentrierte Anätze (akteurzentrierter Institutionalismus, Politiknetzwerke, Policy-Regime), Politikinstrumente, Prozessansätze (Inkrementalismus, Multiple Streams), Diskurse und Ideen (Advocacy-Koalitionen, PolicyLernen, Diskurse), Ansätze der Governanceforschung, Konturen einer kritischen Policy-Analyse.

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53092 - SE Expertise und Demokratie: Konzeptionen und Kritik

Dozent: Dr. Holger Straßheim

E.E. Schattschneider hat vor mehr als fünfzig Jahren die Demokratie als „collaboration between ignorant people and experts“ beschrieben. Expertise bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen dem Arkanbereich politisch-administrativer Entscheidungsfindung und der Aufmerksamkeit multipler Öffentlichkeiten. In der Auseinandersetzung mit stets wechselnden Umwelten erbringen Experten Übersetzungsleistungen; sie vermitteln Entscheidungssicherheit und erzeugen dabei neue Risiken; sie erschließen Legitimationsquellen und gewinnen (oder verlieren) selbst an Autorität. Expertise ist das Resultat einer riskanten Doppelbewegung zwischen wissenschaftlicher Reputation und politischer Positionierung. Je nach demokratietheoretischer Perspektive erscheint sie als Garant ideologiefreien Entscheidens („speaking truth to power“) oder als technokratische Gefahr. Aktuelle Kontroversen von der Klimapolitik bis zur Biotechnologie deuten auf eine Politisierung der Wissenschaft hin; zugleich lassen sich mit dem Aufstieg transnationaler Expertenorganisationen und der Ausbreitung evidenzbasierten Entscheidens Tendenzen eine Verwissenschaftlichung der Politik beobachten.

Das Seminar dient der intensiven Auseinandersetzung mit Theorien und Konzeptionen von Expertise in Demokratien: Auf welche Weise wird diese produziert, zugeschrieben, verteilt, kontrolliert und herausgefordert? Welche Macht-Wissens-Relationen sind in die Beziehungen zwischen Experten und Bürgern eingeschrieben? Was sind die zentralen Argumente für eine Demokratisierung von Wissenschaft und auf welche Weise wäre diese umzusetzen? Wie hat sich das Verhältnis zwischen politischer und epistemischer Autorität in der postnationalen Konstellation gewandelt und was sind die Folgen?

Im Seminar setzen wir uns sowohl mit den Klassikern des demokratietheoretischen Diskurses um Expertise und Demokratie auseinander (z.B. Hobbes, Rousseau, Weber, Schütz, Dewey, Foucault) als auch mit neueren Analysen im Zuge der Wissens- und Wissenschaftssoziologie, der Science, Technology & Studies und der Soziologie der Kritik (z.B. Bourdieu, Latour, Knorr Cetina, Jasanoff, Boltanski). Ziel des Seminars ist es, über die üblichen Dichotomien hinauszugelangen und zu einer kritischen Reflexion der wechselseitigen Konstitutionsverhältnisse zwischen Wissenschaft und Politik zu gelangen.

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53040 - SE Legitimität und Herrschaft

Dozent: Tom Ulbricht

Mit den sozialen, ökonomischen und politischen Verwerfungen im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hat das sozialwissenschaftliche Interesse an den Stabilitätsbedingungen politischer Ordnungen wieder einen konjunkturellen Aufschwung erfahren. Befinden sich moderne Gesellschaften bereits in der Legitimitätskrise oder entwickelt sich – v.a. ökonomisch induziert - latente Legitimationsprobleme, die der Bearbeitung harren? Ausgehend von dieser Leitfrage werden klassische Texte der politischen Theorie (u.a. Weber, Arendt, Schmitt, Luhmann, Habermas, Schumpeter, von Hayek, Foucault) herangezogen und zur aktuellen Debatte der Legitimationskrise moderner Staatlichkeit in Beziehung gesetzt.

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53022 - SE Faktizität der Fiktion - Politische Soziologie in literarischen Texten

Dozent: Tom Ulbricht

Gesellschaftliche und sozialstrukturelle Bedingungen politischer Ordnung und politischen Handelns werden nicht nur in wissenschaftlichen Arbeiten sondern auch in fiktionalen Texten thematisiert. Literarische Texte – so die Grundannahme des Seminars – stehen im Brennpunkt zwischen ideengeschichtlichem Erfahrungsraum und politischem Erwartungshorizont, denn sie greifen seismographisch gesellschaftliche Herausforderungen nicht nur auf, sondern irritieren durch den Einsatz von bewussten, normbrechenden Mitteln bisherige Heuristiken der Wahrnehmung und Deutung der sozialen Welt, verunsichern systemische Gewissheiten und hinterfragen überkommene Denkmuster sowie etablierte soziale Machtzuteilungen. Zudem sind die axiomatischen Universalien politischer Konfliktfelder und die zeithistorischen Problemherde gesellschaftlichen Zusammenlebens in literarischen Texten derart pointiert und fokussiert behandelt, dass wissenschaftliche Auseinandersetzung nur schwer einen vergleichbaren Grad der Eindrücklichkeit erreicht. Dementsprechend versucht das Seminar ökonomische, politische und kulturelle Grundkonzeptionen der politischen Soziologie anhand literarischer Texte zu erschließen. Im ersten, theoretischen Teil des Proseminars werden die zur Textinterpretation relevanten a) Problemfelder der politischen Soziologie und b) die literaturtheoretischen Voraussetzungen eingeführt. Nach diesem theoriegeleiteten Problemaufriss zum Verhältnis zwischen politischer Soziologie und literarischen Texten sollen im zweiten Teil die konkreten zentralen Problemfelder der politischen Soziologie anhand literarischer Texte qualitativ besprochen werden. Kern der Analyse ist ihre interpretative Aufarbeitung aus politiktheoretischer Linse.

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