Humboldt-Universität zu Berlin - Politische Soziologie und Sozialpolitik

Sommersemester 2017

53030 S (BA) Die USA: Konfliktlinien in Politik und Gesellschaft

Dozent: Dr. Holger Straßheim

Vor mehr als 50 Jahren beschrieb Ernst Fraenkel die Vereinigten Staaten als „das großartigste Kunstwerk, das die westliche Hemisphäre hervorgebracht hat“. Auch wenn sich darin die Begeisterung des Politologen für die Eleganz eines durch ‚checks and balances’ austarierten Regierungssystems widerspiegelt – man wird ihm heute nur schwerlich zustimmen können. Schon immer wurden Wahlen in den USA mit rüden Methoden ausgefochten. Die zurückliegende Präsidentenwahl jedoch mit ihren Unregelmäßigkeiten, ihrem grenzenlosen Populismus, der xenophoben Stimmung, den Strategien zum Ausschluss von Schwarzen und Latinos von den Wahlen und schließlich jenem angeblich unvorhersehbaren Sieg Trumps haben bei vielen die Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Demokratie in Amerika verstärkt. Nun wird wieder an jenen Ausspruch des amerikanischen Journalisten und Satirikers H. L. Mencken erinnert, der 1920 prophezeite: „On some great and glorious day, the plain folks of the land will reach their heart’s desires at last, and the White House will be occupied by a downright fool und complete narcissistic moron.“

Das Seminar versteht sich als Einführung in das politische System und die Gesellschaft der USA. Dabei gilt unsere besondere Aufmerksamkeit ausgewählten Problemen und sozialen Kontroversen innerhalb des Regierungs-, Verwaltungs- und Wahlsystems, des Wohlfahrtsstaats wie auch in ausgewählten Politikfeldern. Gerade entlang von Konfliktlinien lässt sich ein Verständnis für die ‚governance failures’, aber auch für die Lernfähigkeit eines politischen Systems gewinnen. Von den Teilnehmer*innen wird die Bereitschaft zur intensiven Lektüre und Diskussion englischsprachiger Texte erwartet.

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53130 S (MA) Sozialpolitik im Vergleich: Grundlagen und neuere Entwicklungen

Dozent: Dr. Holger Straßheim

Die vergleichende Wohlfahrtsstaats- und Sozialpolitikforschung steht gegenwärtig vor neuen Herausforderungen. So spiegeln sich etwa in dem Wandel der Arbeitsmarktpolitik, der Gesundheits- oder Rentenpolitik wie auch im Bedeutungsgewinn des Verbraucherschutzes unterschiedliche Tendenzen wider, die nicht ohne weiteres einer Transformationsbewegung zugerechnet werden können. Im Lichte von Privatisierungen, Aktivierungsprogrammen wie auch von Politiken der Prädistribution werden Rechte und Verantwortlichkeiten neu verhandelt. Finanz- und Wirtschaftskrisen wirken sich über Länder und Politikfelder hinweg unterschiedlich aus. Zugleich gerät der Wohlfahrtsstaat selbst in der post-nationalen Konstellation unter Legitimationsdruck.

In dem Seminar wollen wir uns mit den Bedingungen, Mechanismen und Folgen dieser Dynamiken auseinandersetzen. Was sind die zentralen Ansätze und Methoden der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung und Sozialpolitikanalyse? Welche Faktoren und Tendenzen lassen sich im Länder- und Politikfeldvergleich ausmachen? Wie können wir den Einfluss einer europäischen oder globalen Sozialpolitik beschreiben? Das Seminar wendet sich an Studierende mit Grundkenntnissen in der Politikfeldanalyse und der vergleichenden Sozialforschung.

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53028 S (BA) Demokratietheorien

Dozent: Dr. Andreas Schäfer

Demokratie ist ein gleichermaßen zentrales wie „essentially contested“ (Gallie) Konzept in den Politik- und Sozialwissenschaften. Obwohl seine Interpretation Gegenstand politischer und wissenschaftlicher Kontroversen ist, steht der Begriff als Legitimitätsmaßstab für heutige politische Systeme zunehmend konkurrenzlos da. Dabei hat das jeweilige Verständnis von Demokratie entscheidende Konsequenzen für die Frage nach der Modellierung und Institutionalisierung sowie für die Bewertung gegenwärtiger Politik.

Das Seminar nähert sich diesem Problemfeld, indem es zentrale demokratietheoretische Perspektiven und Debatten rekonstruiert und diskutiert. Im ersten Teil konzentrieren wir uns auf ausgewählte klassische Ansätze, die häufig auch die Grundlage heutiger theoretischer Auseinandersetzungen bilden. Im zweiten Schritt wenden wir uns darauf aufbauend zeitgenössischen Modellen zu. Der dritte Teil fokussiert auf demokratietheoretische Debatten im Spiegel aktueller Probleme demokratischer Systeme.

Ziel des Seminars ist die Herausarbeitung klarer theoretischer Perspektiven für die wissenschaftliche Analyse und Bewertung gegenwärtiger Praktiken, Institutionen und Herausforderungen demokratischer Politik.

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53139 S (MA) Wahlkampf und politische Öffentlichkeit in vergleichender Perspektive: Aktuelle Trends zwischen Deliberation und Populismus

Dozent: Dr. Andreas Schäfer

Politische Öffentlichkeit ist sowohl ein empirisches Phänomen als auch ein normativer Bezugspunkt demokratischer Gesellschaften. Mit ihr wird die Erfüllung spezifischer Funktionen wie Transparenz, Orientierung und Validierung (Neidhardt) im politischen Prozess von Demokratien verbunden. Angesichts technologischer Entwicklungen wie der Digitalisierung und politischer Trends wie dem wachsenden Erfolg populistischer Parteien ist politische Öffentlichkeit allerdings vor gravierende Herausforderungen gestellt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wie politische Öffentlichkeit diesen normativen Erwartungen (noch) gerecht werden kann.

Das Seminar fokussiert bei der Behandlung dieser Frage auf Wahlkämpfe, an denen sich aktuelle Trends und Probleme politischer Kommunikation und Öffentlichkeit besonders gut untersuchen lassen. Im ersten Schritt beschäftigen wir uns mit Modellen und strukturellen Herausforderungen politischer Öffentlichkeit. Im zweiten Schritt sollen die theoretischen Konzepte zur Analyse von politischer Wahlkampf-Kommunikation erarbeitet werden. Im dritten Schritt sollen schließlich die behandelten Modelle und analytischen Konzepte auf die vergleichende Analyse unterschiedlicher Fälle aktueller und jüngerer Wahlkämpfe angewendet und überprüft werden.

Ziel des Seminars ist die Erarbeitung und Erprobung analytischer Werkzeuge und theoretischer Perspektiven zur Beschreibung, Erklärung und Bewertung gegenwärtiger Trends von Kommunikationsprozessen in der politischen Öffentlichkeit unterschiedlicher Gesellschaften.

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53037 S (BA) Flächenbrand. Die 'Neue Rechte' aus politikwissenschaftlicher, soziologischer und sozialpsychologischer Perspektive

Dozent: David Meiering, MA

Der Rechtspopulismus hat in Deutschland seit einigen Jahren wieder Auftrieb. Die
intellektuellen Vorbereiter dieser Bewegung geraten derzeit häufig in den Blickpunkt
akademischer Debatten und Analysen (v.a. das Institut für Staatspolitik, die Zeitschriften Freiheit und die Sezession aus dem Antaios-Verlag), ebenso wie die politischen Protagonisten der AfD. Siegfried Jägers Analyse „BrandSätze“ über rassistische Einstellungen in den neunziger Jahren erfreut sich einer traurigen Aktualität. Mittlerweile haben sich die gelegten BrandSätze zu einem Flächenbrand entwickelt, der den gesellschaftlichen Diskurs zunehmend nach rechts verschiebt, sich im Wahlverhalten und einer erhöhten Zahl politisch motivierter Straftaten niederschlägt – nicht nur in Deutschland. Wir werden uns im Seminar weniger mit der ideologischen ‚Elite‘ beschäftigen, sondern eher Erklärungsansätze für ihren breiten Erfolg suchen: Warum können sich die ideologischen BrandSätze hierzulande derart verbreiten? Welche sozialen Gruppen sind besonders anfällig dafür und welche gesellschaftlichen Strukturen begünstigen diese Entwicklung? Eine Politische Psychologie muss dabei auf soziologische und politikwissenschaftliche Konzepte zurückgreifen und darauf aufbauen. Aus soziologischer Sicht geht es um die Faktoren der kollektiven Identität, aber auch um regionale (sozioökonomische) Ungleichheit und Ungleichzeitigkeiten, Demographie und Fremdenfeindlichkeit. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive behandeln wir die Fragen, wie sich das Parteiensystem und die Einstellung gegenüber dem politischen Führungspersonal seit der rot-grünen Regierung gewandelt hat und was dies für das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat bedeutet. Letztlich sollen sozialpsychologische Konzepte und Erklärungsversuche herangezogen werden, gerade weil im Diskurs immer wieder von Angst, Wut und Sorge die Rede ist und Affekte in immer größerem Maße die politische Haltung zu bestimmen scheinen.

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